Die Ausbreitung von Keimen sichtbar machen: Untersuchen, wie mit der FLIR GF343 OP-Räume sicherer gemacht werden können


Um die Sicherheit des OP-Personals zu gewährleisten, ist eine hohe Luftqualität im Operationssaal wichtig. Bei richtiger Regulierung der Luft können sich durch die Luft übertragene Infektionen – darunter auch COVID-19 – zwischen Patienten und Personal weniger leicht ausbreiten. Für die Forscher an der Universität Dublin in Irland ist es von größtem Interesse, zu analysieren, wie sich diese Infektionen ausbreiten. Sie untersuchen, wie die Verwendung von Kohlendioxid (CO2) bei minimalinvasiven Operationen zur Häufigkeit von Infektionen bei Ärzten und OP-Personal beiträgt. Um die Wirkung von CO2 in der Chirurgie zu untersuchen, verwendeten die Forscher die FLIR GF343, eine optische gasbildgebende Kamera (OGI), die CO2 sichtbar machen kann. Bevor wir uns jedoch anschauen, wie oder warum sie diese Kamera verwendet haben, ist es wichtig zu beachten, dass die FLIR GF343 nicht für den Einsatz im medizinischen Bereich oder bei Operationen vorgesehen ist und nicht dafür vermarktet oder verkauft wird. In diesem Fall verwendeten die Forscher die Kamera zur Untersuchung der Operationsumgebung.

FLIR GF343 Kamera
Es gibt Hinweise darauf, dass 30 % der Coronavirus-Infektionen bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen auf Ansteckung durch kranke Patienten zurückzuführen sind, die das Virus durch Niesen, Husten und Sprechen in Form von Aerosolpartikeln verbreiten. Gegenwärtige Bemühungen, das OP-Personal vor solchen Ansteckungen zu schützen, sind u. a. zusätzliche Schichten aus steriler Schutzkleidung (PSA) und solche Methoden wie die Belüftung mit Überdruck und kontinuierlichem Luftaustausch in Operationssälen. Diese Luftqualität kann durch die Zahl der Geräte, die Anzahl der Mitarbeiter und den Grad der Emissionen allerdings beeinträchtigt werden. Es gab Bedenken, dass unter diesen Faktoren Kauterrauch, aerosolisierte Gase, Flüssigkeiten, Chemikalien und Pathogenpartikel Infektionen im OP verbreiten könnten. Mit der Absage von Operationen, die keine Notfälle sind, während der strengen COVID-19-Quarantäne hatten Fachleute Gelegenheit, neue Sicherheitsmaßnahmen zu prüfen, mit denen die Infektionsraten gesenkt werden könnten. Dabei wurden Ärzte neugierig darauf, wie viel medizinisches Gas bei einer minimalinvasiven Operation (MIS) austritt, sowie auf dessen Rolle bei der Ausbreitung von Infektionen.
Minimalinvasive Operationen sind Verfahren, bei denen durch kleine Einschnitte Instrumente in das Körperinnere geführt werden. Dabei wird häufig medizinisches CO2 verwendet, um Körperhöhlen zu vergrößern und zu stabilisieren, damit der Chirurg besser sehen und seine Instrumente während des Eingriffs besser manövrieren kann. CO2 eignet sich gut dafür, weil das Gas nicht entflammbar und kostengünstig ist und sich leichter im Blut löst als Luft. Das einzige Problem ist dabei jedoch, dass entweichendes Gas, Kauterrauch und aerosolisierte Zellen, die sich mit dem austretenden Gas ausbreiten, ein Ansteckungsrisiko darstellen, wenn in der Umgebung einer Operation Gas verwendet wird.
Trotz Screening von Patienten vor einer Operation deuteten Hinweise zu Beginn der Pandemie darauf hin, dass COVID-19 bei kolorektalen Operationen im Blut und Stuhl weiterhin vorhanden war. In Verbindung mit Bedenken wegen austretenden Gases weckte dies Befürchtungen, dass das OP-Personal durch Gaslecks mit infektiösen Partikeln in Berührung kommt.
Die Befürchtung, dass CO2-Gaslecks zu Infektionen beitragen, weckte das Interesse von Professor Dr. med. Ronan Cahill, Professor für Chirurgie am Mater Misericordiae Hospital und University College in Dublin. „Der Chirurg in mir vermutete, dass die Lecks unwesentlich waren. Der Akademiker in mir wollte aber quantifizieren und demonstrieren, was wirklich vor sich ging“, so Cahill. „Ich habe mich mit Dr. Kevin Nolan beraten, der an der School of Materials and Mechanical Engineering an der UCD lehrt.“
Nolan verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Schlierenbildgebung, einer Bildgebungstechnik, die gerne bei Untersuchungen in der Luftfahrt eingesetzt wird und lokale Veränderungen des Brechungsindex der Luft sichtbar macht. „Ich hatte Schlieren-Tests an Effluvium (Gasleckagen) durchgeführt, das aus einer insufflierten Körperhöhle austrat“, erklärt Nolan. „Bei einem Teil des Verfahrens wurden bei chirurgischen Simulationsmodellen Laser der Klasse vier eingesetzt, um die Partikel zu beleuchten und sie mit einer Phantomkamera in Super-Zeitlupe aufzunehmen. In einem OP ist das allerdings ein komplexes Unterfangen.“ Obwohl die Partikel so sichtbar gemacht werden können, machte die Verwendung von Lasern diese Methode unpraktisch und in einer Umgebung mit lebenden Menschen gefährlich.
Nolan und Cahill kamen zu dem Schluss, dass sie zur Visualisierung des medizinischen Gases eine andere Möglichkeit finden mussten. Beide hatten zufällig einen Dokumentarfilm von Louie Psihoyo über den Klimawandel gesehen, mit dem Titel „Racing Extinction“. Dabei kam die Wärmebildgebung mit einem speziellen Filter zum Einsatz, der die täglichen Kohlendioxid-Emissionen sichtbar macht. Cahill setzte sich mit dem Regisseur in Verbindung, um mehr über die verwendete Technologie zu erfahren und um herauszufinden, ob diese auch bei seiner Forschung eingesetzt werden könnte.
Jetzt, da Cahill und Nolan einen neuen Anhaltspunkt hatten, machten sie sich rasch daran, Fördermittel zur Finanzierung ihrer Forschung zu beantragen und eine FLIR GF343 Gasbildkamera zu kaufen. Die Vorteile der Kamera waren unmittelbar erkennbar: Die GF343 war weniger auffällig und viel einfacher einzurichten als der frühere Ansatz mit den Schlierenaufnahmen. Cahill verfolgte vor allem das Ziel, Leckagen zu beobachten, solange chirurgisches Gerät (sogenannte Trokare) und chirurgische Ventile an Ort und Stelle waren. Chirurgen verwenden Trokare und Ventile bei kolorektalen Operationen und anderen Eingriffen im Bauchraum, um Spezialinstrumente einzusetzen, zu führen und wieder herauszuziehen. Die GF343 machte die Leckagen deutlich sichtbar. Die Kamera zeigte, wie das normalerweise unsichtbare CO2 aus den Instrumenten austrat und sich über einen weiten Bereich verteilte. Dabei nahm die Menge des austretenden Gases zu, während die Passung der Ventile im Lauf einer Operation natürlich weniger dicht wurde.
Filmmaterial von Cahill und Nolan, das zeigt, wie CO2 aus dem Gerät austritt und sich auf dem Arm eines Dummys abzeichnet.
Cahills Ziel war ursprünglich, die Menge des während der Operation austretenden Gases sichtbar zu machen. Die erhaltenen Ergebnisse übertrafen aber selbst seine eigenen Erwartungen. Die Forschung bestätigte, dass OP-Personal erheblich mehr austretendem Gas und Partikeln ausgesetzt sind als zuvor geschätzt. Das eigentliche Ziel war jedoch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um Patienten und medizinisches Personal vor der Ausbreitung von Viren in Bereichen zu schützen, wo diese in die Atemluft gelangen können. Cahill meint, dass Chirurgen, die sich nur kurz in Operationssälen aufhalten, im Allgemeinen nicht allzu besorgt seien. Das Pflegepersonal und andere Mitarbeiter, die bei mehreren Operationen am Tag anwesend sind, waren jedoch erfreut darüber, dass ihre Sorgen ernst genommen wurden.
Das Forschungsvorhaben mit dem Titel „Protecting Operating Rooms Staff against Aerosolised Viruses“ (PORSAV) wurde im Rahmen von EU Horizon 2020 bei einem Konsortium in Auftrag gegeben und bei verschiedenen Chirurgenteams und Spezialgebieten am Mater Misericordiae University Hospital in Dublin (Irland) sowie am IRCAD-EITS in Straßburg (Frankreich) durchgeführt.